Wie alles begann


Im November 2016 begann alles mit einer privaten Rettungsaktion. Bald wurde klar, dass wir nicht mehr alles alleine stemmen können und so gründeten wir am 3. Februar 2018 unseren Verein. Der Verein "Esel- und Pferdehilfe in Rumänien e.V." war geboren. Die ganze Geschichte liest ihr hier.  

 

Es war Mitte November und Elke Grafmüller war krank, musste zwei Tage das Haus hüten. Hm, für eine engagierte Tierschützerin ein schlecht zu ertragender Zustand. Um die Langeweile zu überbrücken, schmökerte sie in den rumänischen Kleinanzeigen. Warum? Keiner weiß warum, es hatte sich so ergeben. Sie landete bei den Pferden.

 

Es gibt viele Pferde zu kaufen in Rumänien, denn das Exportgeschäft wurde in Rumänien eingestellt, die anderen EU-Länder akzeptieren derzeit keine Einreise von rumänischen Pferden, wegen der ansteckenden Blutarmut (eine schwere Krankheit der Equiden, die in Rumänien sehr verbreitet war). Alle Quarantänestationen wurden geschlossen, so bleiben den Pferdebesitzern nur wenige Möglichkeiten: Entweder sie haben sehr viel Glück und irgendjemand in Rumänien hat genau an seinem Pferd Interesse und kauft es, oder es geht zum Schlachter. Denn in Rumänien werden Pferde nicht mehr so oft gebraucht, die Landwirtschaft wird mehr und mehr von Traktoren bewältigt und der Freizeitgebrauch eines Pferdes, wie wir es hier in Deutschland kennen, können sich nur sehr wenige Menschen in Rumänien leisten.

 

Elke schmökerte also und sie traf - als hätte es so sein sollen - auf diesen Schimmel. Bestimmt gibt es ganz viele solcher Ställe in Rumänien, doch dieser Blick, dieses Bild, dieser Schimmel: Elke war wie elektrisiert, sie fotografierte das Bild vom Laptop-Bildschirm ab und stellte es in eine Vorstands-WhatsApp-Gruppe. Die Reaktionen waren von allen ähnlich "oh je, der Arme...", "ach Gott, der kann ja seinen Kopf nicht heben", "krass, was wir alles so in Rumänien zu sehen bekommen", "Elke, wo hast denn den gefunden?". Das Ergebnis? "DER MUSS DORT WEG!".

 

Elke konnte es nicht erwarten, sie rief mit ihrem Aushilfsrumänisch bei der angegebenen Telefonnummer an; es meldete sich ein sehr alter Mann, zuerst verstand er nur "Bahnhof", denn Englisch konnte er nicht, und Elke kann nur brockenweise Rumänisch, also nicht gerade die beste Situation am Telefon. Elke verstand nur so viel: Der Mann muss den Schimmel verkaufen, weil er selbst sehr alt ist, sich nicht mehr um ihn kümmern und ihm kein Futter mehr besorgen kann. Seine Angehörigen arbeiten in der Stadt und brauchen das Pferd nicht. Der Mann erzählte Elke, dass "Costel", so heißt das Pferdchen, 12 Jahre alt sein soll, kastriert ist und sehr gut am Wagen arbeitet. Weiteres musste jemand klären der rumänisch spricht.

 

Elke verständigte Dani Hoprich, den Sohn unserer befreundeten Familie aus Cristian, bei Sibiu. Er versprach dort anzurufen, den Preis klar zu machen und das Pferd dort abzuholen. Danis Familie hat einen kleinen Bauernhof, sie haben die Möglichkeit Costel bei sich unterzustellen. Wir müssen natürlich monatlich dafür bezahlen. Er darf eine schöne, große Außenbox bewohnen und im Sommer kommt er mit den anderen Pferden der Familie auf die Sommerweide.

 

Wir waren alle so fasziniert und glücklich über den Gedanken, dieses Pferd zu retten und ihm ein schönes Leben zu bieten, dass alle damit zusammenhängenden Probleme für uns unwichtig waren. Elke und Iris hatten in ihrer Vergangenheit beide besondere Seelenpferde. Beides waren Schimmel, beides waren ganz besondere Tiere, die einen besonderen Platz in deren Herzen haben.

 

Elke machte einen Aufruf auf Facebook: Wer möchte uns helfen das Pferd „Costel“ zu kaufen und es bei der Familie in Cristian, Sibiu unterzustellen und versorgen zu lassen. Die Anschaffungskosten beliefen sich auf 500 Euro. Transportkosten, Tierarztkosten plus die monatlichen Fixkosten ab Dezember für Heu, Stroh, Mais und Versorgung, Hufschmied, etc. Die monatlichen Kosten betragen 150 Euro, das scheint im ersten Moment recht viel. Doch wenn man weiß, dass es super schwierig ist an gutes Heu bzw. überhaupt an Heu heranzukommen und auch das Getreide recht teuer ist, versteht die Umstände.

 

Innerhalb weniger Stunden hatten wir geniale Menschen zusammen, die monatlich ihren Beitrag leisten und bei der Anschaffung helfen wollten. Hurra! Dieses Problem war gelöst! An dieser Stelle müssen wir ganz kurz erwähnen, dass am Anfang alles ein privates Rettungsprojekt war. Wir eröffneten ein privates Bankkonto... Leider konnten wir die monatlichen Kosten bald nicht mehr alleine stemmen und gründeten am 03.02.2018 einen Verein, damit wir auch Spendenbescheinigungen ausstellen können.

 

Tja, und dann kam der große Tag der Abholung: Dani fuhr von Cristian aus los in das ca. 300 Kilometer entfernte Bukarest, dort in der Nähe war nämlich das ehemalige Zuhause von Costel. Der Mann war sehr traurig, dass er ihn hergeben musste, doch er war auch froh, dass er es nun gut haben wird. Dani hatte so viel Mitleid mit dem alten Mann, dass er ihm noch ein bisschen Geld von sich selbst schenkte. Was für eine nette Geste.

 

Auf der Heimfahrt dann, musste Dani viele Dörfer durchqueren, wegen eines Unfalls auf der Hauptstraße kam er in abgelegene, sehr dörfliche Gegenden. Auch das war wieder ein "Zufall", der einfach so geschah. Es sollte so sein: Plötzlich sah Dani von Weitem eine Kutsche mit einem kleinen Pferd (auf den ersten Blick). Der Kutscher hatte vollgeladen und schlug grausam auf das kleine Tier ein. Dieses konnte aber nur auf drei Beinen laufen, da es am Hinterbein ziemlich schwer verletzt war, das war dem Kutscher jedoch völlig egal. Er schlug und schlug. Dani hielt sofort an, das musste er unterbinden. Als er näher an die Kutsche herankam, sah er, dass es sich um ein relativ kleines Muli handelte, das hier grausam auf drei Beinen zum Vorwärtslaufen inklusive schwerer Kutsche gezwungen wurde. Dani lebt in Rumänien, er ist dort aufgewachsen, hat bestimmt schon viel Tierquälerei gesehen, doch das erschütterte ihn zutiefst, so dass er instinktiv handelte. Er überlegte nicht, er bot dem Kutscher Geld für das Muli. Nach kurzer Streiterei und Diskussion verkaufte der Kutscher Dani das Muli für 150 Euro. Dani lud es zu unserem Costel dazu. Und auf ging es nach Cristian! 

 

Abends dann, als Dani mit Costel und Muli ankam, war die Familienkrise vorprogrammiert. Wie schon gesagt, es ist in Rumänien teuer ein Pferd zu verpflegen, zu füttern und das tut man nur, wenn man einen Nutzen hat. Costel, klar, für den sorgen wir, doch was will die Familie mit einem Muli, das auch noch verletzt ist? Da der Export als Freizeitmuli nach Deutschland laut der Gesetzeslage nicht mehr möglich, bleibt nur der Schlachthof... Doch das wollte Dani ja auf keinen Fall! So rief er Elke am gleichen Abend völlig verzweifelt an und erzählte die ganze Geschichte. Elke war glücklich über seinen tollen Einsatz für dieses Muli und versprach eine Lösung zu finden. Sie setzte auch das Muli in Facebook. Ruck Zuck waren alle beteiligten Pferderetter dafür, auch das Muli zu retten, die monatliche Miete von 100 Euro zu bezahlen sowie die 150 Euro Anschaffung plus den dringend benötigten Tierarzt.

 

So kommt man zu einem Schimmelwallach namens "Costel" und einer Muli-Stute "Mulinchen", die nun glücklich und zufrieden ihr Leben leben dürfen. In den großen Boxen im Winter und auf der Weide im Sommer im schönen Cristian, nahe Sibiu, bei der lieben Familie von Dani.

 

Cristian, liegt bei Sibiu im Zentrum Rumäniens und ist mehr als 1.700 Kilometer von Deutschland entfernt